
Am Abend des 14. März 2025 hatten Diplom Sozialpädagoge Johannes Heibel und Autorin Ulrike M. zum Gesprächsabend „Das Erbe unserer Väter“ in das Jugend- Kultur und Bürgerzentrum „Zweite Heimat“ eingeladen. Der Saal war gut gefüllt, etwa 100 Menschen waren der Einladung zu diesem schwierigen Thema gefolgt, das unweigerlich Emotionen und Erinnerungen hervorruft und zu der Frage führt: War Krieg jemals die richtige Lösung, um Sicherheit und Frieden zu erreichen?
Bedauerlicherweise waren weder Lehrer noch Mandatsträger gekommen – trotz der Einladung an die Schulen im Umkreis und die Aufforderung der Wählergruppe Pucher-Palmer an die Bürgermeister der VG und Stadt Höhr-Grenzhausen, die Veranstaltung ähnlich zu bewerben wie zuletzt die musikalische Lesung zur Erinnerung an den Holocaust „Ich wand’re durch Theresienstadt“ im Januar 2025.
Immerhin fanden zwei Schüler den Weg zur Veranstaltung, von der sich eine Schülerin des Geschichtsleistungskurses auch rege am Diskurs beteiligte.
Johannes Heibel, Mitgründer des 1984 gegründeten Jugendhauses „Zweite Heimat“, das zum heutigen Jugend- und Kulturzentrums „Zweite Heimat“ in Höhr-Grenzhausen weiterentwickelt wurde, engagiert sich seit 1993 mit seinem Verein „Initiative gegen Gewalt und sexuellen Mißbrauch an Kindern und Jugendlichen e.V.“ für den Schutz von Kindern und Jugendlichen. Er macht seit Jahren in zahllosen Aktionen und Projekten auf die physischen und psychischen Folgen der Opfer vom Gewalt aufmerksam, die die seelischen Auswirkungen meist ihr Leben lang mit sich herumtragen und ohne Aufarbeitung des Erlebten manchmal selbst zu Tätern werden. Eine Leidenskette, die sich fortsetzt. Interviews mit seinem Vater veröffentlichte er als Hörbuch, in denen dieser über seine traumatischen Erlebnisse als Soldat im zweiten Weltkrieg berichtete, den er als Fahnenflüchtiger und Verwundeter überlebte. Die grauenvollen Erfahrungen ließen ihn jedoch nie los.
Ulrike M. Dierkes, Autorin aus Koblenz, veröffentlichte im Buch „Die Engelkette“ die Tagebuchaufzeichnungen ihres ebenfalls zum Wehrdienst gezwungenen Vaters, der traumatisiert und verstümmelt zwar die Grauen des Weltkrieges überlebte, aber genauso wie Heibels Vater zeitlebens unter den seelischen Verletzungen und Qualen litt. Alptraumnächte, emotionale Untiefen und Konflikte hatten spürbare Konsequenzen auf das Familienleben und wirken bis heute auch in der Autorin nach.
Der ehemalige SWR Moderator Martin Ruthenberg moderierte das Gespräch zwischen der Autorin und dem Sozialpädagogen. In einfühlsamer Weise fragte er nach den Erlebnissen der Väter und ließ beide auch von den Auswirkungen auf ihre eigene Kindheit berichten. Ohne zu unterbrechen führte er dabei immer wieder auf die Fragestellungen zurück und machte für das Publikum spürbar, was wohl viele der Anwesenden aus den Berichten der eigenen Eltern und Großeltern kannten: Welches Grauen und Leiden Krieg nicht nur für diejenigen bedeutet, die als aktive Soldaten teilnehmen (müssen), sondern für alle Familienangehörigen. Denn das Erlebte wirkt in den nachfolgenden Generationen nach. Im Krieg gibt es nur Verlierer.
Im zweiten Teil des Abends wurde das Publikum mit einbezogen und steuerte z.T. eigene Familiengeschichten bei. Bei manchem kamen die Emotionen so hoch, dass sie nicht weitersprechen konnten. Andere ergriffen die Gelegenheit zum Appell, sich mit allen Mitteln für den Frieden einzusetzen, denn Gewalt sei der falsche Weg zur Konfliktlösung. Die älteren Generationen wußten und vermittelten, dass man nie wieder Krieg wolle und so ging man in der Vergangenheit für den Frieden auch auf die Straße. Heute scheint dies in Vergessenheit zu geraten zu sein.
Wir hören, dass Deutschland kriegstüchtig werden müsse, die Meyer Werft solle Kriegsschiffe bauen, Volkswagen Panzer statt PKW. Aufrüstung sei zwingend notwendig, Milliarden Schulden müßten deshalb aufgenommen werden, die Wehrpflicht solle so schnell wie möglich wieder eingeführt werden.
Ist es wirklich das, was wir uns für uns und unsere Kinder wünschen? Ist es nicht an der Zeit, diplomatische Ansätze zur Konfliktlösung von unseren Volksvertretern zu fordern?
Unser Dank geht nicht nur an Herrn Heibel, Frau Dierkes und Herrn Ruthenberg für diesen wichtigen
Impuls zum Nachdenken. Sondern auch an die Vertreter der Stadt Höhr-Grenzhausen und die Leitung
des Jugend-, Kultur- und Bürgerzentrums „Zweite Heimat“, die eine aus unserer Sicht in der heutigen
Zeit so wichtige Veranstaltung ermöglicht haben.

Dieser Artikel erschien in Originalfassung am 24.3.205 in Blick aktuell. In redaktionell abgewandelter Form ebenfalls am 25.3.2025 in der Westerwälder Zeitung und am 26.3.2025 im Kannenbäckerland Kurier.