Infoabend Windenergie – Folgen für Mensch und Natur

Am Abend des 7. September 2024 hatte die Bürgerinitiative „Wir für Höhr-Grenzhausen“ alle Bürger zur Informationsveranstaltung eingeladen. An dieser Stelle werden die Vorträge des Abends als Übersicht zusammengefaßt und weitere Informationen verlinkt.

„Windenergie – Utopie und Wirklichkeit“ – Eva Pucher-Palmer/Ralf Schmoltzi

Wind- und Sonnenenergie als sogenannte regenerative Energiequellen werden als Lösung betrachtet, um die im Pariser Klimaabkommen definierten Klimaziele zu erreichen. Der Klimawandel wird als große Bedrohung gesehen, um ihn aufzuhalten soll jedes Land gemäß den Vorgaben CO2 Emissionen reduzieren. „Zero Carbon“ ist das erklärte Ziel, also die vollständige Abschaffung sogenannter fossiler Brennstoffe zur Energiegewinnung.

Um aus Wind Strom gewinnen zu können, braucht es vor allem Wind, der in ausreichender Stärke am Anlagenstandort möglichst oft (eigentlich ständig) wehen muß. Nur eine ausreichende Windstärke bzw. Windgeschwindigkeit kann einen halbwegs stetigen Ertrag sichern. Der Westerwald, insbesondere unsere Region des unteren Westerwaldes (erst Recht aber das Neuwieder Becken) sind Schwachwindgebiet mit durchschnittlichen Windgeschwindigkeiten von 5-7 m/s, also nur ca 18-25 kmH. Diese Werte werden in 100m Höhe gemessen und extrapoliert. In 200m Höhe ist die Windhöffigkeit etwas besser, aber verglichen mit der Norddeutschen Tiefebene oder der offenen See insgesamt dennoch schwachwindig. Aus diesem Grund müssten in unserer Region per se mit ca. 245m Gesamthöhe extrem hohe Anlagen installiert werden. Dennoch werden diese nur selten ihre Nennleistung erwirtschaften können, denn die Anlagen erbringen diese Erträge erst ab Werten von ca 10-12m/s, also ab Windgeschwindigkeiten von ca. 40 kmH. Da die Leistung in der 3. Potenz von der Windgeschwindigkeit abhängt, schwankt die erwirtschaftete Leistung bei geringeren Geschwindigkeiten extrem und bei bspw. halber Geschwindigkeit reduziert sie sich auf nur geringe Prozentanteile der Nennleistung.

Auf dem Energieportal der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord kann man u.a. installierte, geplante und genehmigte Windenergieanlagen einsehen. Dort sind windhöffigere Standorte im Westerwald bereits seit ca. 2006 bebaut und wurden/werden kontinuierlich erweitert. Die für Vallendar und Weitersburg geplanten 12 Anlagen stehen an der Gemarkungsgrenze zu unserer Verbandsgemeinde und werden mit 245 m wie bereits erläutert sehr hoch sein. Derzeit sind sie aber auf der SGD Nord Karte noch nicht als genehmigt verzeichnet. Die 7MW Nennleistung werden aufgrund des schwachwindigen Standortes so gut wie nie erreicht werden können. Mehr zu den Vallendarer Planungen finden Sie hier.

Auf der Haiderbachhöhe wurden die 3 Standorte im Wasserschutzgebiet Klasse III inzwischen genehmigt. Dass dort aber in den kommenden Jahren kontinuierlich erweitert werden wird, steht zu erwarten, denn die anfänglichen Planungen umfassten bereits mehr als 3 Anlagen und im Planungsentwurf des Regionalen Raumordnungsplanes der Planungsgemeinschaft Mittelrhein_Westerwald kann man die geplante Windvorranggebietsfläche sehen. Diese läßt durchaus einigen Spielraum für weitere Anlagen. Bürger der Verbandsgemeinde Ransbach-Baumbach bekamen im vergangenen Jahr aufgrund der veränderten Gesetzeslage nicht die Möglichkeit, in einem Erörterungstermin ihre Bedenken vorzutragen. Mit der Durchführung der sogenannten Strategischen Umweltprüfung (SUP) – in unserem Falle erfolgt diese durch die Planungsgemeinschaft Mittelrhein-Westerwald – können weitere Umweltverträglichkeitsprüfungen ausgelassen werden. Zudem wurde in dieser Legislaturperiode das früher starke und in der Bevölkerung sehr geschätzte Bundesnaturschutzgesetz geändert: Diverse Brutvogelarten wurden kurzerhand von der Liste kollisionsgefährdeter Arten gestrichen. Mehr zur Haiderbachhöhe finden Sie hier.

Für den Hartenfelser Kopf bei Herschbach wird es ab 2026 um das Repowering gehen. Von den dort installierten 28 Anlagen werden dann 12 das Alter von 20 Jahren erreicht haben, die EEG Förderung läuft damit aus. Die norwegische Firma Statkraft wird dann vermutlich beginnen, die ersten 2,3 MW Anlagen durch leistungsstärkere und deutlich größere zu ersetzen. Auch hier hat die Ampelregierung gesetzlich vieles erleichert: So muß nicht mehr die kommunale Raumplanung abgewartet werden, Abstandsregeln zu Siedlungen wurden verringert und selbst bestehende kommunale Flächennutzungspläne werden in ihrer baugesetzlichen Ausschlußwirkung geschwächt. Da die alten Fundamente zum einen für kleinere Anlagen ausgelegt und statisch aufgrund der hohen Schwingungskräfte ohnehin geschwächt sein werden, müssen für neue Anlagen dann auch neue Fundamente gebaut werden. Diese dürfen über die Abstandsregeln teilweise sogar ausserhalb der ausgewiesenen Flächen platziert werden und dass man erst die alten Fundamente vollständig zurückbaut, um exakt denselben Standort wiederzuverwenden, bleibt fraglich. Mehr zum Hartenfelser Kopf finden Sie hier.

Die Planungsgemeinschaft Mittelrhein-Westerwald hat Anfang September ihren Planungsentwurf zur 1. Teilforschreibung des Regionalen Raumordnungsplanes offengelegt. Dieser kann auf der Website https://mittelrhein-westerwald.de/ eingesehen werden, zwischen dem 3. September und dem 14. Oktober 2024 kann man über eine digitale Beteiligungsplattform seine Bedenken oder auch Anregungen äußern. Mit enthalten ist auch der Umweltbericht zur Strategischen Umweltprüfung (SUP), sowie die Flächensteckbriefe der ausgesuchten Flächen für potentielle Windenergienutzung. Es darf angenommen werden, dass der vorgenommene SUP weitere Umweltprüfungen nicht mehr notwendig machen wird. Unter den mehr als 150 Flächen im Planungsgebiet befinden sich auch zwei in unserer Verbandsgemeinde Höhr-Grenzhausen: Die eine im Waldgebiet oberhalb des Naturschwimmbades Linderhol, seitlich der Autobahn A 48. Die andere im Vallendarer Stadtwald im Bereich des Flürchens, das für Wanderer, Hundespaziergänger und Hotelgäste des Hotel Heinz ein beliebter Startpunkt zur Erkundung des Naturparks Nassau ist. Die Fläche nahe der Linderhol liegt im Wasserschutzgebiet, die Fläche am Flürchen nahe der geplanten und jüngst beschlossenen Brunnenbohrung am Kühlbach. Zudem plant das beliebte Jugend-, Kultur- und Bürgerzentrum nahe der Grillhütte einen neuen Abenteuerspielplatz, der vor allem auch durch private Spender finanziert und mit einem großartigen Konzept die Kinder begeistern soll.

Es werden zweifelsfrei der Bevölkerung zur Umsetzung der Energiewende derzeit große Opfer abverlangt. Daher muß es erlaubt sein, nach den Erfolgsaussichten zu fragen und den stetig vorangetriebenen, zuletzt massiv beschleunigten infrastrukturellen Umbau unserer Energieversorgung der vergangenen 20 Jahre zu bewerten.

Im Juni 2024 veröffentlichte Jan Emblemsvåg, Professor an der Norwegischen Universität für Wissenschaft und Technologie (NTNU), eine Studie mit dem Titel „What if Germany had invested in nuclear power? A comparison between the German energy policy the last 20 years and an alternative policy of investing in nuclear power“ im renommierten INTERNATIONAL JOURNAL OF SUSTAINABLE ENERGY (die Studie findet man hier: ResearchGate). Emblemsvåg vergleicht den Weg der Energiewende, wie er bislang umgesetzt wurde, mit dem Szenario, dass man bestehende Kernkraftwerke stattdessen beibehalten, ggf. modernisiert oder evtl. neu gebaut hätte. Das Resultat bewertet er in punkto Kosten, wobei die Energiewende laut seiner Berechnung bislang (2002-2022) rund doppelt so viel gekostet habe, wie er für eine Kernkraft basierte Energieerzeugung in diesem Zeitraum abschätzt. Nimmt man hinzu, dass der notwendige Ausbau der Netzinfrastruktur um Jahre verzögert ist und die gigantischen Kosten dafür noch nicht in Emblemsvågs Studie enthalten sind, fällt die Kostenbewertung noch dramatischer aus.

Ein weiteres Ergebnis der Studie ist, dass durch die Energiewende zwischen 2002 und 2025 zwar ca. 25% CO2 Emissionen eingespart wurden. Allerdings durch die ebenso CO2-freie Stromerzeugung mittels Kernkraft, die durch die EU aus diesem Grund auch als klimaschützende Energiequelle eingestuft wurde, eine Einsparung der 25% + nochmal 73% on top möglich gewesen wäre. Nimmt man also an, dass die CO2 Emissionen für den Klimawandel das entscheidende Problem darstellen, dann attestiert Professor Emblemsvåg der Deutschen Regierung leider einen völlig falschen Weg eingeschlagen zu haben. Ein Artikel dazu erschien am 10. September 2024 bei Welt+ (hinter der Bezahlschranke), das Online Portal EFahrer.com (Chip/Focus) berichtete schon am 23. August 2024 in diesem Artikel ausführlicher.

Bewertet man die deutsche Energiewende nach dem Kriterium der Unabhängigkeit der Energieerzeugung, so muß betont werden, dass dies nicht der Fall ist. Im Gegenteil ist die Abhängigkeit unserer Stromproduktion vom europäischen Ausland massiv angestiegen, denn ohne die ausländischen konservativen Kraftwerke – bspw. französischer und schweizer Atomkraftwerke, aber natürlich auch schweizer Wasserkraftwerke) wäre es inzwischen unmöglich den „Flatterstrom“ der höchst volatilen Energieträger so auszugleichen, dass eine konstante Netzspannung auf 50 Hz gewährleistet werden könnte. Ein Abfall dieser Spannung kann bis zum Blackout führen. Hinzu kommt die erst im März 2024 durch den Bundesrechnungshof bemängelte gefährdete Versorgungssicherheit, die nur durch konservative Kraftwerke bei „Dunkelflaute“ überhaupt geleistet werden kann. Auch die Wertschöpfung findet durch Projektierer wie die schwedische Vattenfall oder die norwegische Statkraft statt, die Anlagenhersteller kommen überwiegend aus China und den USA, die Rohstoffe sowieso. Ohne massive Subventionierung durch Vorrang und garantierte Strompreise bei den Erneuerbaren Energiequellen wären weder Windparks noch Solarparks wirtschaftlich zu betreiben. Ein langfristiger Transfer von deutschem Steuergeld muß gezwungenermaßen stattfinden, will man diesen Weg weiterverfolgen.

Hinweis

Die Verbandsgemeinde Höhr-Grenzhausen informiert in der aktuellen Ausgabe Nr 37/2024 des Kannenbäckerland Kurier über den Planungsentwurf der 1. Teilfortschreibung des regionalen Raumordnungsplanes und fordert alle Bürger und Bürgerinnen der Verbandsgemeinde dazu auf, sich mit den nun offengelegten Plänen auseinanderzusetzen und ggf. Bedenken oder Anregungen über die Plattform der Planungsgemeinschaft Mittelrehin-Westerwald zu formulieren.

Die Verbandsgemeindeverwaltung war an der Ausarbeitung der Planungsunterlagen nicht beteilgt und bittet um Ihre Unterstützung, damit der Wille der Bevölkerung auch in die Entscheidungsprozesse einfließen kann.

„Ist unsere Energiepolitik auf einem vernünftigen Kurs?“ – Dr. Christoph Canne

Herr Dipl. Chem./Dipl. Kaufm. Dr Christoph Canne konnte leider nicht die gesamte Präsentation für uns zur Veröfftlichung freigeben. Allerdings wird Herr Dr. Canne dieselbe Präsentation am Mittwoch, dem 18. September 2024, bei der Union Stiftung in Saarbrücken halten. Der Vortrag wird online live übertragen und die Aufzeichnung später auf youtube veröffentlicht.

Wer mehr über den Verein Vernunftkraft e.V. erfahren möchte oder sich mit den dort erarbeiteten Sachverhalten intensiver auseinandersetzen möchte, findet hier das Kompendium, das neben den ökonomischen und technischen Sachverhalten auch die gesundheitlichen und ökologischen Probleme widerspiegelt.