Aktuelle Situation – Wie heizt Deutschland (2023)?
- In Deutschland gibt es etwa 19,5 Mio Wohngebäude, in denen sich etwa 41,9 Mio Wohnungen befinden
- Von den 19,5 Mio Wohngebäuden verfügen rund 81,3% über eine Zentralheizung, 6,7% über eine Gas-Etagenheizung, 5,9% sonstige Einzelheizungen und 6% sind an ein Fernwärmenetz angeschlossen.
- Von den Zentralheizungen wurden zur Zeit der Befragung 38,8% mit Gas, 28,1% mit Öl betrieben, 5,3% waren Elektro-Wärmepumpen.
- In 2023 wurden 50,1% der 19,5 Mio Wohngebäude mit Gas beheizt, 28,5% mit dem Energieträger Öl. Strombetriebene Heizungen wie Wärmepumpe und Nachtspeicheröfen machten 7,1% aus, 6% heizten mit Fernwärme.
Fazit: Über 70% aller Haushalte heizen nach wie vor auf Basis von Erdgas oder Öl. Die existierenden Fernwärmenetze beruhen zum großen Teil ebenfalls (noch) auf den sogenannten fossilen Energieträgern (+ Kohle wie bspw. in Mannheim), daher kann man eher von 80-90% fossiler Energieträger für die Wärmegewinnung ausgehen. Auch die Stromerzeugung für elektrisch betriebene Heizsysteme basiert ehrlicherweise mindestens für die Backup-Kraftwerke zu einem nicht unerheblichen Teil auf diesen Energieträgern.
Quelle: Baustoffwissen: Studie „Wie heizt Deutschland 2023“
Die Grundlagen der Wärmewende
Im Koalitionsvertrag 2021 von SPD, Grüne und FDP wurde die Wärmewende als Ziel definiert. Zur Erreichung der im Dezember 2015 beschlossenen Ziele des Pariser Klimaabkommens, will man bis 2045 in Deutschland „klimaneutral“ heizen. Der Begriff der Klimaneutralität ist zwar nicht klar definiert, wird im heutigen politischen Kontext aber gerne im Sinne als „ausschließlich über sogenannte Erneuerbare Energien“ verwendet.
Der Begriff Wärmewende bezeichnet die Transformation der derzeit fossil dominierten Wärmeversorgung von Gebäuden und Industrie hin zu einer klimaneutralen Wärmeversorgung bis zum Jahr 2045. ( … ) Fast 40 Prozent aller CO2-Emissionen in Deutschland entstehen im Wärmemarkt. Eine erfolgreiche Wärmewende ist daher elementar für das Gelingen der Energiewende und das Erreichen einer Klimaneutralität bis zum Jahr 2045.
Quelle: BDEW
- Bereits 2019 wurde von der Koalition aus CDU/CSU und SPD das Bundes-Klimaschutzgesetz eingeführt. Im März 2021 erklärte das Bundesverfassungsgericht das Gesetz in teilen für mit den Grundrechten unvereinbar und verpflichtete den Gesetzgeber bis Ende 2022 die Fortschreibung der Emissionsminderungsziele für die Zeiträume nach 2030 zu regeln. Bereits im Mai 2021 wurde ein verschärfter Gesetzentwurf vorgelegt, der u.a. die Frist zum Erreichen der „Klimaneutralität“ von 2050 auf 2045 vorzog, sowie die Senkung der Emissionen bis 2030 von 55% auf 65% heraufsetzte.
- Noch in 2021 wurde ein Sofortprogramm zur Umsetzung der Klimaziele geplant, sowohl 2021 als auch 2022 wurden die jährlichen Ziele verfehlt.
- Mit dem Koalitionsvertrag 2021 wurde die Epoche der EEG Umlage beendet und der CO2-Preis als wesentliches Steuerungselement eingeführt. Ab 2024 45€/Tonne, ab 2025 55€/Tonne ab 2027 soll ein CO2 Emissionshandel für Gebäudewärme eingeführt werden.
Fernwärmegipfel 2023
Im Juni 2023 veranstaltete die Ampel-Regierung den sogenannten Fernwärmegipfel. Würden ganze Straßenzüge oder Stadtteile an das Fernwärmenetz angeschlossen, sollen Hausbesitzer keine Wärmepumpen einbauen müssen. Die Fernwärme wird gerne als Lösung proklamiert, wobei allerdings die erheblichen Kosten für den Ausbau und der verwendete Energieträger i.d.R. unerwähnt bleiben. 100 000 Haushalte pro Jahr möchte man anschließen, mit vielen bunten Worten bekundete man Absichtserklärungen. Nutzung von Geothermie, Abwärme aus Industrieanlagen und Rechenzentren. Dass man zugleich Deutschland deindustrialisieren möchte und die Industrie immer größere Anreize zur Abwanderung sieht, wird großzügig übersehen.
Aus den Erfahrungen der sozialistischen DDR kann man durchaus lernen, welche gravierenden Probleme Energiepreisbremse und Fernwärme nach sich ziehen. Großflächige Stromausfälle waren keine Seltenheit. In den „Spitzenbelastungszeiten für den Elektroenergieverbrauch“ sollte aufs Bügeln oder Waschen verzichtet werden: https://hubertus-knabe.de/die-energiepreisbremse-der-ddr/.
Aktuelle Gesetzgebung im Wärmesektor
Auf Bundesebene gibt es derzeit folgende Gesetze:
1.) Gesetz für die Wärmeplanung und zur Dekarbonisierung der Wärmenetze (WPG)
Zum 1. Januar 2024 in Kraft getreten, verpflichtet es alle Länder bundesweit zur Kommunalen Wärmeplanung. Alle Städte und Gemeinden in Deutschland müssen eine kommunale Wärmeplanung vorlegen. Größere Städe bis Mitte 2026, kleinere Gemeinden erst bis Mitte 2028 vorlegen. Die Kommunen werden dabei mit 500 Millionen € vom Bund unterstützt. Konkret dürfen die Kommunen einen höheren Anteil der eingenommenen Umsatzsteuer einbehalten – für die angespannte Haushaltslage in den Gemeinden natürlich ein Anreiz, die Wärmeplanung anzugehen. Die Kommunen werden zur Fortschreibung des Wärmeplanes alle 5 Jahre verpflichtet.
Das Gesetz gibt folgende Ziele für die Wärmeerzeugung in Wärmenetzen vor:
- Ab dem 1. März 2025 müssen neue Wärmenetze zu einem Anteil von mindestens 65 Prozent der jährlichen Nettowärmeerzeugung mit Wärme aus erneuerbaren Energien, aus unvermeidbarer Abwärme oder aus einer Kombination hieraus gespeist werden.
- Bis 2030 muss dieser Anteil auf 30 Prozent und bis 2040 auf bis zu 80 Prozent anwachsen.
- Ziel ist ein vollständiges fossilfreies Wärmenetz bis 2045.
2.) Energieeffizienzgesetz (EnEfG)
Im November 2023 in Kraft getreten soll dieses Gesetz den sektorübergreifenen Rahmen für die Steigerung der Energieeffizienz geben. Es legt u.a. die Ziele für die Senkung des Energieverbrauchs bis 2030 fest und verpflichtet die Bundesländer dazu, Energieeinsparmaßnahmen zu ergreifen. So sollen jährlich 45 TWh auf Bundesebene und 3 TWh auf Landesebene Endenergie eingespart werden, Abwärme aus Produktionsprozessen muß künftig vermieden werden und wo dies nicht möglich ist, soll sie genutzt werden.
3.) Gebäudeenergiegesetz (GEG)
- Pflicht zum Einbau einer die 65-Prozent-Vorgabe für erneuerbare Energien erfüllenden Heizung. De facto ein Einbauverbot für Gas, Öl-, Holz- und Pelletheizungen im Neubau.
- Für Bestandgebäude und Neubauten in Baulücken gilt die Vorgabe abhängig von der Gemeindegröße nach dem 30. Juni 2026 bzw 2028, da sich dies nach den Fristen der kommunalen Wärmepläne richtet.
Die zweite Novelle des Gebäudeenergiegesetzes ist zum 1.Januar 2024 in Kraft getreten und stammt vornehmlich aus der Feder des Mitbegründers der Lobbyorganisation Agora Energiewende und ehemaligen Staatssekretärs im Wirtschafts- und Klimaministerium unter Robert Habeck (Bündis 90/Die Grünen) Patrick Graichen. Es beruhte im wesentlichen auf der Studie „Wärmewende 2030“ der Agora-Energiewende aus dem Jahr 2017. Aufgrund des Vorwurfs der Vetternwirtschaft mußte Herr Graichen das Amt verlassen, seit Dezember 2024 ist er Mitglied im Aufsichtsrat des ukrainischen Energiekonzerns Ukrenerbo, das die überregionalen Stromnetze der Ukraine betreibt.
Nach der Entlassung Graichen forderte Unionspolitiker Carsten Linnemann noch den Stopp des Gesetzes, da es „völlig an der Realität vorbeigehe“. Im Juni 2024 gab Robert Habeck zu, das Gebäudeenergiegesetz sei ein „Test“ gewesen. Er habe die Bevölkerung überfordert. Inzwischen ist die Bevölkerung verunsichert, die Absatzzahlen der Wärmepumpenhersteller sind im 1. Quartal 2024 um 52% eingebrochen.
Friedrich Merz hatte nach Verabschiedung angekündigt, das Gesetz bei Regierungsübernahme sofort rückgängig zu machen, später ruderte er zurück. Die CDU hatte nach dem Bruch der Ampelkoalition die Abschaffung des Heizungsgesetz der Ampel im Wahlprogramm für die Bundestagswahl im Februar 2025 festgeschrieben,
Mit dem bürokratischen Reinregieren in den Heizungskeller muss Schluss sein. Wir fördern technologieoffen emissionsarme Wärmelösungen.
Nach Abschluß der Koalitionsverhandlungen wird man sehen, was davon übrig ist.
Elektrische Luft-Wärmepumpe
Da insbesondere die elektrische Wärmepumpe als bevorzugte Heizung empfohlen wird, hier eine kurze Übersicht zur tatsächlichen Klimabilanz:

- Die Klimabilanz von Wärmepumpen kann man schön oder schlecht rechnen
- Das Ersetzen einer Gasheizung durch eine Wärmepumpe stellt eine Verbrauchserhöhung (Marginalstrom) dar. Demnach muß die Klimafreundlichkeit dieser Technologie durch die Frage gemessen werden, welches Kraftwerk bzw welcher Energieträger auf den zusätzlichen Verbrauch reagiert.
- Wird der Zusatzstrom durch „fossile Kraftwerke“ bereitgestellt, ist die Klimabilanz von batteriebetriebenen Autos und Wärmepumpen schlecht.
- Die Wärmepumpe zieht Wärme aus der Außenluft ab und befördert sie als Heizwärme in eine Zentralheizung. Dabei muß ein Temperaturunterschied zwischen Außentemperatur und Vorlauftemperatur der Hausheizung überwunden werden. Je niedriger die Außentemperatur umso drastischer nimmt die angesaugte Wärmeenergie ab, der Stromverbrauch steigt dann stark an.
- Bei tiefen Temperaturen im Winter wird die Wärmepumpe damit zur reinen Stromheizung. Ältere Einfamilienhäuser benötigen für ihre Zentralheizung mit kleinflächigen Heizkörpern eine Vorlauftemperatur von 70°C, diese Differenz kann bei Außentemperaturen bei wenigen Graden unter 0°C nicht mehr bewältigt werden.
- Dies macht die Wärmepumpe für die größte Anzahl an Bestandgebäuden völlig ungeeignet.
Quelle: Tech For Future
Mehr Informationen zur Wärmepumpe:
4.) Bundesförderung für effiziente Wärmenetze und Gebäude (BEW, BEG))
- Der Neubau von Wärmenetzen, die mindestens 75% EE verwenden, wird „stark“ gefördert.
- Unternehmen, Wohnungseigentümergemeinschaften, Eigentümer vermieteter Einfamilienhäuser kann mit max. 35% Förderung der Investitionskosten rechnen. dabei sind 30% Grundförderung, weitere 5% gibt es als Effizienbonus für „besonders effiziente Wärmepumpen“, wie auch immer das definiert ist.
- Bei Einfamilienhäusern sind maximal 30 000€ der Kosten für den Heizungstausch förderfähig
- Für weitere energetische Sanierungsmaßnahmen wie bspw. Dämmung oder neue Fenster gibt es weitere Fördermittel
- Die Energieberatungskosten Beratungskosten, dürfen maximal 1.300 Euro betragen. Noch bevor die Breitenwirkung eintrat, wurde schlagartig zum 7. August die Förderhöhe von 80 auf 50 Prozent abgesenkt, „angesichts der haushaltspolitischen Gesamtlage“.
- Erwähnt werden muß, dass viele Förderprogramme dem Haushaltsvorbehalt unterliegen:
- Auch die KfW-55-Förderung und die Kaufprämie für E-Mobile wurden über Nacht abgeschafft – so viel zur Einschätzung der Verläßlichkeit der staatlichen Unterstützungen…
5.) Energiewirtschaftsgesetz (EnWG)
Trat erstmals 1935 in Kraft, die letzte Neufassung stammt aus dem Jahr 2005. Die Ziele laut Wikipedia:
- die „möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente, umweltverträgliche und treibhausgasneutrale“ leitungsgebundene Versorgung der Allgemeinheit mit Strom, Gas und Wasserstoff, die zunehmend auf erneuerbaren Energien beruht,
- die „Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs bei der Versorgung mit Elektrizität und Gas und der Sicherung eines langfristig angelegten leistungsfähigen und zuverlässigen Betriebs von Energieversorgungsnetzen“ und
- die Umsetzung und Durchsetzung des Energierechts der Europäischen Gemeinschaft.
Basierend darauf sind Netzbetreiber zu einer netzorientierten Steuerung berechtigt, wenn sie dafür den Betreibern der Wärmepumpen ein reduziertes Netzentgelt berechnen. Mit dem Stromvertrag gibt man also seine Einwilligung zum Eingriff des Netzbetreibers (= Energieversorgungsunternehmen (EVU))) in die Stromversorgung der Wärmepumpe. Dadurch kann das Stromnetz in in Spitzenlastzeiten entlastet werden.
Für alte Wärmepumpen ist diese EVU-Sperre optional, bei ab dem 1. Januar 2024 installierten Wärmepumpen ist die EVU-Sperre verpflichtend. Damit kann bei hoher Stromlast – also bspw. bei niedrigen Wintertemperaturen während der der Strombedarf von Wärmepumpen stark zunimmt, während einer Dunkelflaute, während der zu wenig Strom aus Wind- und Solaranlagen produziert wird, die Heizungen aus der Ferne zwangsabgeschaltet werden.
Mehr dazu: Heizungsfinder
Die neue Koalition schafft Heizungsgesetz ab – neues GEG geplant!

Der inzwischen veröffentlichte Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD bringt weitreichende Veränderungen für die SHK-Branche mit sich. Besonders brisant: Das bestehende Heizungsgesetz (GEG-Novelle der Ampel-Regierung) wird komplett abgeschafft.
„Wir werden das Heizungsgesetz abschaffen. An dessen Stelle werden wir ein neues Gebäudeenergiegesetz (GEG) schaffen, das technologieoffen, flexibel und einfach ist. Die erreichbare CO2-Vermeidung wird zur zentralen Steuerungsgröße.“
(Quelle: Koalitionsvertrag 2025, Seite 24, spd.de)
Auch Hybridsysteme, Bioenergie und H₂-Ready-Technologien sollen stärker berücksichtigt und gefördert werden.
Zudem kündigt die Koalition an, die kommunale Wärmeplanung zu stärken und die BEG-Förderstruktur zu vereinfachen und neu auszurichten – mit Änderungen ab dem Jahr 2026.
Also nix Neues.
Datengrundlagen und Akteure
Der KWW-Wärmewendenatlas
Im KWW Wärmewendenatlas kann man den aktuellen Stand der Wärmeplanung je Bundesland einsehen und die Wärmepläne der Kommunen und Städte einsehen.


Flußwärmepumpen
Sozusagen das „neuste Muscht-Havele“ beim Ausbau von Wärmenetzen ist die Flußwärmepumpe. Die Glaskugel des gesunden Menschenverstandes sieht voraus, dass die unabhängigen Energieberater der Kommunen und Städte, die an einem Fluß liegen, das Potential für den Bau einer Flußwärmepumpe sehen werden. Hierzu ein interessanter Vortrag aus Mannheim, wo man das derzeitige mit Steinkohle betriebene Wärmenetz gerade auf „Grüne Wärme aus dem Rhein“ umstellt.
- Die Wärmequellen sind Rhein und Neckar.
- Natürlich gibt es eine Geräuschkulisse.
- Kein großes Erfahrungspotential bislang
- Hohe Vorlauftemperaturen sind problematisch. In Mannheim wurde das Fernwärmenetz bislang mit Kohle betrieben. Daher hat es Vorlauftemperaturen von 110 – 130 °C – dies ist eine technische Herausforderung für die Wärmepumpe
- Ein Riesenproblem sind die Kältemittel: Zweistellige Tonnenbeträge für 20MW Wärmepumpe notwendig.
- Zu geringe Wassertemperaturen sind ebenfalls problematisch. Da stellt sich die Frage nach den Umweltauswirkungen, wenn demnächst von Konstanz bis Rotterdam am Rhein und an allen Zuflüssen wie Neckar, Main, Lahn, Mosel usw. von jeder größeren Stadt Flußwärmepumpen betrieben werden, die die Wassertemperatur verringern.