Der Wasserlieferungsvertrag zwischen den Verbandsgemeindewerke Höhr-Grenzhausen (VGW) und den Vereinigten Wasserwerken Mittelrhein GmbH (VWM) vom 25.04.2024 bedarf unseres Erachtens in der vorliegenden Form einer eingehenden Prüfung und Klärung einiger Fragen. Anbei eine stichpunktartige Auflistung der Fragestellungen, sie umfaßt sowohl technische als auch formaljuristische Punkte, die aus unserer Sicht der dringenden Klärung bedürfen. Das Dokument darf aus unserer Sicht so
nicht unterzeichnet werden.
§1 Lieferumfang
- Wie wurde die Mindestliefermenge von 300 m³/d (106.800 m³/a) festgelegt? Wenn dies in Abhängigkeit eines Mindestdurchflußrate / Fließgeschwindigkeit in der Rohrtrasse gedacht ist, wie ist die Nennweite der zu installierenden Trasse bis zum Hochbehälter Thiels Hütte?
- Warum ist eine Mindestabnahmemenge von 200.000 m³/a festgelegt worden (knapp doppelt soviel wie anscheinend technisch als Mindestmenge erforderlich)?
- Wie passen die in der Zweckvereinbarung festgehaltenen 550.000 m³/a in dieses Konzept? Wer erhält die Mindestwassermenge von 106.800 m³/a? Das Leitungsnetz muß in seiner Gesamtheit gespült werden und endet nicht an Thiels Hütte, d.h. die endständig liegenden Gemeinden müssen dieses Wasser kontinuierlich in ihr Trinkwassernetz verschneiden. Ist den Gemeinden diese Tatsache bewußt? Betroffen wären hiervon Welschneudorf (Hochbehälter Welschneudorf), Dernbach (Hochbehälter Schöne Aussicht), Neuhäusel / Ransbach-Baumbach (Hochbehälter Hölzenberg).
- Warum ist nicht explizit festgehalten, daß vor Fertigstellung der Leitungen unabhängig vom Vertragsbeginn keine Zahlungen für die Wasserlieferung erfolgen? (siehe auch §6, Punkt 3)
§2 Maßnahmen zur Erfüllung der Trinkwasserlieferung
- Das Pumpwerk wird von den VGW vollständig bezahlt – befindet sich aber im Besitz der VWM und steht in Vallendar. Die Kosten für Bau und Bauleitung können nicht gesteuert werden (keinerlei Einfluß auf bzw. Einblick in technischen Auslegung, Ausschreibung, Vergabe und Abrechnung!), dies liegt vollständig in der Hand der VWM. Gibt es eine nachvollziehbare Kostenschätzung für die Anlage? Technische Daten? Entwurfszeichnungen?
- Die Wartungs- und Instandhaltungskosten entziehen sich ebenfalls jeglicher Prüfbarkeit. Die Ausführung liegt bei der VWM, die Kosten werden von der VGW getragen.
- Die Stromkosten für den Betrieb liegen vollständig bei der VGW.
- Die Verbindungsleitung ab Pumpwerk bis zum Hochbehälter Thiels Hütte wird erstellt und betrieben von der VGW und ist dann auch in deren Besitz – wobei der Punkt 5. des Paragraphen mißverständlich formuliert ist. Was ist mit den zusätzlich zum Pumpwerk zu bauenden Versorgungsanlagen der VWM gemeint?
- Die VGW verpflichten sich einen Baukostenzuschuß von 30% der gesamten Kosten für die Rheiquerung (Düker Koblenz – Niederwerth – Vallendar) zu leisten. Die Teilstrecke Koblenz-Niederwerth wurde bereits am 08.04.2024 in Betrieb genommen, daher sollte dieser Betrag bereits feststehen und auch im Vertrag verbindlich beziffert werden. Die Teilstrecke Niederwerth – Vallendar befindet sich allem Anschein nach bereits in Bau und soll Anfang 2025 in Betrieb gehen. Hierfür müßten zumindest belastbare Kostenschätzungen wenn nicht Kostenberechnungen vorliegen, die zumindest die Größenordnung der zu leistenden Zahlung vorgeben müßten. Da die VGW aber nicht Ursache dieser Leitungsquerung ist, sondern es vielmehr darum geht die Trinkwasserversorgung der VWM ‚resilienter‘ zu machen und das Projekt bereits vor mehreren Jahren initiiert wurde ist nicht einzusehen, warum die Baukosten auf die VGW umgelegt werden sollten 1. Diese müßten sich in den laufenden Betriebskosten des Trinkwassers wiederfinden, denn diese Maßnahme wurde von der VWM doch vermutlich/hoffentlich aus Rücklagen finanziert.
- Zu den o.g. Baukosten wird jeweils ein zu leistender Bauleitungszuschuß von 5% angesetzt. Beziehen sich die 5% auf die Gesamtbaukosten oder auf den jeweiligen Anteil den die VGW zu zahlen haben? Welche Kosten verstecken sich konkret hinter dem Bauleitungszuschuß? Umfaßt dies alle Planungskosten oder tatsächlich nur die Bauleitung? Erfolgt die Berechnung der Leistungen nach HOAI?
- Unter Punkt 3 ist der letzte Satz nicht akzeptabel und enthält reichlich Zündstoff: der Baukostenzuschuß würde bei Vertragsbeendigung – egal aus welchen Gründen – nicht zurückerstattet.
§3 Trinkwasserübergabe und -messung
- Es wird eine Zählermiete für einen Zähler Q3 = 100 m³/h fällig. Welcher Zählertyp wird hier vorgesehen, wie hoch ist die Miete? Wie groß ist der Meßfehler bei Durchsatz von 12,5 m³/h (Mindestabnahmemenge, Standardeinsatzfall)
§4 Störungen
- Bei Unterbrechung der Lieferung sind die VGW weiterhin verpflichtet die Zahlungen für die Mindestliefermenge zu leisten.
§ 5 Haftung
- Die VGW haftet gegenüber der VWM im Falle von Schäden an der Trinkwasserversorgung der VWM bei Nichteinhaltung der behördlichen Vorschriften und anerkannten Regeln der Technik – für diesen Fall ist keine Haftung der VWM gegenüber der VGW festgelegt. Warum? Was geschieht bei einem Eintrag von Keimen oder Verunreinigung/Schadstoffen in das Trinkwassernetz der VGW?
§ 6 Trinkwasserpreise
- Für die Trinkwasserpreise ist eine Staffelung nach Abnahmemengevorgesehen. Je höher die Abnahme, desto geringer der Basispreis je m³. Für den Standardfall (Mindestabnahme) wurde ein Basispreis von 1,12 €/m³ festgesetzt, d.h. jährlich sind mindestens 224.000,- € für das gelieferte Wasser zu zahlen. Zusätzlich gibt es eine übliche Preisgleitklausel, die sich an dem Endverbraucherpreis der VWM orientiert. Es werden ausschließlich Netto-Preise benannt (ohne MwSt.), Basis für die Preisgleitklausel ist der Endverbraucherpreis mit Stand vom 01.01.2024. Dieser wurde mit netto 2,08 € angegeben – beläuft sich laut Pressemitteilung 2 aber bis 31.12.2023 auf 2,09 € (brutto) und ab 01.01.2024 auf 2,23 € (brutto). Das bedeutet die Basis für die Berechnung der Preisgleitklausel müßten 1,87 € (netto) sein. Unter Punkt 3 wird nochmals betont, daß eine Wasserlieferung erst ab Fertigstellung aller Bauwerke erfolgen kann.
§7 Abrechnung der Trinkwasserlieferung
- Bei fehlerhafter Messung wird die Trinwassermenge geschätzt, es besteht eine Verpflichtung zur Abnahme der Mindestmenge.
§8 Betriebskosten
- ür Wartung, Betrieb, Inspektion, Instandhaltung und Rufbereitschaft des Pumpwerks werden jährlich 1.000 € veranschlagt. Auch dies mit entsprechender Preisgleitklausel. Wie die Abrechnung weiterer Kosten erfolgt (Reparaturen) wird hier nicht weiter erörtert. Zumindest die Bezifferung der aktuellen Lohnkosten, ggf. anfallender Fahrtkosten etc. wäre zu erwarten.
§11 Rechtsnachfolge
- Ebenfalls ein interessanter Aspekt – hier wird m.E. einer möglichen Privatisierung der VGW bereits Rechnung getragen.
Weitere Fragen
- Welches Rohrleitungsmaterial wird für die Leitungen eingesetzt?
- Wie ist das Ergebnis der Mischbarkeitsprüfung (nach DVGW W216)?
- Wie werden die verschiedenen Verbindungsleitungen eingestuft?
- Fernleitung [DIN 4046] / Zubringerleitung [DIN EN 805] Ortsnetz:
- Hauptleitung [DIN EN 805] / Versorgungsleitung [DIN EN 805] / Anschlussleitung [DVGW W 404]
- Die Invest- und Betriebskostenbeteiligung wurde in der Zweckvereinbarung 3 zwischen der VG Höhr-Grenzhausen, Montabaur, Ransbach-Baumbach und Wirges festgehalten. Ist die VG Höhr-Grenzhausen mit diesem Dokument tatsächlich befugt einen Vertrag mit Kosten in unbekannter Höhe abzuschließen?
- Zitat aus dem Presseartikel der VWM vom 20.03.2024 [https://www.evm.de/ueber-
uns/presse/pressemitteilungen-2024/trinkwasserversorgung-in-der-region-soll-noch-
resilienter-werden/]:
„Die evm ist Betriebsführerin der Vereinigten Wasserwerke Mittelrhein (VWM) und damit
verantwortlich für die Wasserversorgung von rund 150.000 Menschen in Koblenz, Lahnstein
und der VG Vallendar. Um das System noch resilienter zu gestalten, investiert VWM in
Zusammenarbeit mit der Betriebsführerin evm derzeit mehrere Millionen Euro in eine neue
Trinkwasserleitung, die von Koblenz-Wallersheim über die Insel Niederwerth bis nach
Vallendar verläuft. Die erste Rheinunterquerung in Form eines Tunnels ist bereits fertiggestellt;
der zweite sogenannte Düker wird im Lauf des Jahres gebaut, sodass die neue Leitung
Anfang 2025 in Betrieb gehen kann. „Diese Verbindung wird das Rückgrat eines künftigen
Verbundsystems, über das alle Wasserwerke im Neuwieder Becken zusammengeschaltet
werden können“, berichtet Wolfgang Kochhan, Bereichsleiter Wasserwirtschaft bei der evm.“ ↩︎ - Zitat aus dem Presseartikel der VWM vom 20.12.2023 [https://www.evm.de/ueber-
uns/presse/pressemitteilungen-2023/trinkwasserpreis-steigt/]
„KOBLENZ. Die Vereinigten Wasserwerke Mittelrhein (VWM) müssen aufgrund gestiegener
Kosten die Preise für Trinkwasser erhöhen. Ab dem 1. Januar 2024 erhöht sich der
Arbeitspreis von derzeit 2,09 Euro (inkl. Mehrwertsteuer) pro Kubikmeter auf 2,23 Euro. Auch
beim Grundpreis gibt es eine Veränderung: für den Hauswasserzähler steigen die Kosten von
bisher 55,85 Euro auf 84,10 Euro. In Summe ergeben sich für einen durchschnittlichen 4-
Personen-Haushalt jährlich Mehrkosten in Höhe von etwa 49 Euro.“ ↩︎ - Am 19. April wurde im Rathaus der Verbandsgemeinde Höhr-Grenzhausen die
Zweckvereinbarung unterzeichnet, welche die Zusammenarbeit der
Verbandsgemeinden Höhr-Grenzhausen, Montabaur, Wirges und Ransbach-
Baumbach regelt. [Download unter https://wasser-mt-hoehe.de/] ↩︎
Diese Stellungnahme wurde rechtzeitig vor der Verbandsgemeinderatssitzung am 13.Mai 2024 durch Frau Sarah Jahn an alle Mitglieder des Verbandsgemeinderates per Email versendet.
Rückfragen gab es von keinem Ratsmitglied.